Diagnostik von Hämophilie A in der Schwangerschaft 1

Diagnostik von Hämophilie A in der Schwangerschaft

Ob ein Kind die Blutgerinnungsstörung Hämophilie A geerbt hat, lässt sich bereits während der Schwangerschaft untersuchen. Das ist besonders für Frauen wichtig, die Familienmitglieder mit Hämophilie A haben und wissen, dass sie die Erkrankung weitergeben können.

Humangenetische Diagnostik

Eine Untersuchung des menschlichen Erbguts, der DNA, nennt man auch humangenetische Diagnostik. Anhand von Erbgutveränderungen lassen sich genetische Erkrankungen wie Hämophilie A sogar schon vor der Geburt eines Kindes feststellen. So eine Untersuchung kommt infrage, wenn ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für das Kind besteht. Dies ist zum Beispiel bei Frauen der Fall, die wissen, dass sie Konduktorinnen sind. So ging es auch unserer Bloggerin Tanja: Sie ist Konduktorin und stand während ihrer Zwillingsschwangerschaft vor der Entscheidung, ob sie eine genetische Untersuchung möchte oder nicht.

Genetische Beratung

Vor einer humangenetischen Untersuchung ist eine entsprechende Beratung Pflicht. Die Entscheidung für oder gegen eine genetische Untersuchung in der Schwangerschaft (Pränataldiagnostik) ist sehr persönlich und kann nur von den Eltern selbst getroffen werden. Wenn Du vor dieser Entscheidung stehen solltest, lass Dich umfassend beraten und nimm Dir ausreichend Bedenkzeit. Die genetische Beratung soll Dir dabei helfen, die medizinisch-genetischen Fakten zu verstehen, die Entscheidungsalternativen zu bedenken und eine informierte Entscheidung zu treffen.

Für die genetische Beratung kannst Du Dich zum Beispiel an einen Facharzt für Humangenetik in Deiner Nähe wenden. Am besten nehmen beide Elternteile am Beratungsgespräch teil, um die Vorteile und die Risiken zu besprechen. Zur Unterstützung kann sonst auch eine andere nahestehende Person zum Gespräch mitkommen.

Diagnostik in der Schwangerschaft

Für die Testung, ob ein Kind Hämophilie A hat, gibt es verschiedene Diagnoseverfahren. Das gemeinsame Prinzip ist die Gewinnung von Zellen, die Auskunft über das Erbgut des Kindes geben. Dabei untersucht ein Labor das Erbgut auf bestimmte Veränderungen (Mutationen).

Amniozentese

Die Amniozentese heißt umgangssprachlich Fruchtwasseruntersuchung. Dabei kontrolliert die Ärztin oder der Arzt zuerst per Ultraschalluntersuchung, wie das Kind im Bauch liegt und wo sich der Mutterkuchen (Plazenta) befindet. Eine dünne Punktionsnadel wird durch den Bauch der Mutter bis in die Fruchthöhle geschoben, um etwas Fruchtwasser zu entnehmen. Ein Labor analysiert die darin vorhandenen Zellen des Kindes. Die Fruchtwasseruntersuchung findet in der Regel zwischen der 15. und 16. Schwangerschaftswoche statt.

Chorionzottenbiopsie

Eine Chorionzottenbiopsie wird auch Plazentapunktion oder Mutterkuchenpunktion genannt. Bei dieser Untersuchung entnimmt die Ärztin oder der Arzt Zellen aus dem Mutterkuchen. Diese haben das gleiche Erbgut wie das Kind. Eine Ultraschalluntersuchung zeigt, wo Kind und Mutterkuchen liegen. Die Punktion des Mutterkuchens kann entweder durch den Bauch der Mutter oder über den Muttermund stattfinden. Das mithilfe eines dünnen Schlauchs entnommene Gewebe wird anschließend im Labor untersucht. Diese Untersuchungsmethode ist für Frauen geeignet, die sich zwischen der 11. und 12. Schwangerschaftswoche befinden.

Diagnoseverfahren in der Zukunft

Untersuchungsmethoden für Hämophilie A, bei denen keine Punktion der Fruchthöhle oder des Mutterkuchens mehr nötig ist, befinden sich noch in der Entwicklung. Forscher versuchen beispielsweise, das Erbgut des Kindes aus einer Blutprobe der Mutter zu gewinnen.

Mein Kind hat Hämophilie A – was nun?

Das Ergebnis einer humangenetischen Untersuchung liegt meist nach mehreren Tagen bis wenigen Wochen vor. Was bedeutet es nun, wenn die Untersuchung ergibt, dass Dein Kind mit Hämophilie A auf die Welt kommt? Das frühzeitige Wissen ermöglicht Dir, Dich mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und darauf einzustellen. So lässt sich die Zeit nach der Geburt besser planen. Es gilt auch zu überlegen, ob die Geburt in einer auf Blutgerinnungsstörungen spezialisierten Klinik stattfinden sollte. Diese kann das Neugeborene gleich optimal im Hinblick auf die Hämophilie A versorgen.

Abgestimmte Versorgung von Mutter und Kind

Auch wenn sich die werdenden Eltern nicht für eine vorgeburtliche Diagnostik entscheiden, erhalten Mutter und Kind eine an die eventuell besonderen Bedürfnisse des Kindes angepasste Versorgung. Ist bekannt, dass ein Kind möglicherweise mit Hämophilie auf die Welt kommt, stimmt das medizinische Personal vorbeugend die Betreuung der Schwangerschaft und der Geburt darauf ab. Beispielsweise ist bei der Geburt eines Kindes mit Hämophilie die Verwendung einer Saugglocke oder Geburtszange eher weniger geeignet.

Frage nach Unterstützung und Beratung

Eltern, die ein hämophiles Kind erwarten, sind nicht allein. Es gibt zahlreiche Unterstützungs- und Beratungsangebote, die Du in Anspruch nehmen kannst. Auch der Austausch mit anderen Eltern hämophiler Kinder kann hilfreich sein. Sie haben anhand eigener Erfahrung oft praktische Tipps für den Alltag. Auch Tanja hat die Erfahrung gemacht, dass gleiche Erfahrungen zusammenschweißen.

Heutzutage gibt es für die Behandlung der Hämophilie A vielfältige Therapiemöglichkeiten. Sie ermöglichen eine unbeschwerte Kindheit, sodass Dein Kind viel ausprobieren kann und auf wenig verzichten muss.


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Quellen:

Abdul-Kadir, R., Davies, J., Halimeh, S., Chi, C. (2013). Advances in pregnancy management in carriers of hemophilia. J Appl Hematol. 4:125-30.

Fruchtwasseruntersuchung – Amniozentese. (o. J.). Klinikum rechts der Isar. Technische Universität München. https://www.mri.tum.de/humangenetik-fruchtwasseruntersuchung (01.10.2019)

Chorionzottenbiopsie. (o. J.). Klinikum rechts der Isar. Technische Universität München. https://www.mri.tum.de/node/5844 (01.10.2019)

S2k-Leitlinie Humangenetische Diagnostik und Genetische Beratung. (2019). Deutsche Gesellschaft für Humangenetik e.V. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/078-015.html

Was ist Pränataldiagnostik? Stand: 10.07.2017. Hrsg.: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/praenataldiagnostik/was-ist-praenataldiagnostik/ (02.10.2019)