Ausbildungsplatzsuche mit Hämophilie A

Die Suche nach einem Ausbildungsplatz mit Hämophilie A

Ich bin Tanja und Mutter eines Jungen mit schwerer Hämophilie A. In diesem Beitrag erzähle ich Euch von der Suche meines Sohnes nach einem Ausbildungsplatz.

Die Schullaufbahn unseres Sohnes nähert sich dem Ende. Ja, so schnell gehen zehn Jahre Schulzeit vorüber. In den letzten zwei bis drei Jahren hat er schon ein paar Praktika in verschiedenen Berufssparten absolviert. Somit hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass es auf jeden Fall ein technischer Beruf werden soll. Bei den Praktika haben wir uns eigentlich nie Gedanken darüber gemacht, die Hämophilie A in irgendeiner Form dem Betrieb gegenüber zu erwähnen, da diese immer maximal eine Woche dauerten. Was im Nachhinein betrachtet allerdings gar nicht schlecht gewesen wäre, um die Reaktion des jeweiligen Betriebes einschätzen zu können. Aber es ist, wie es ist.

In den drei Betrieben, in welchen er seine Praktika absolviert hat, hat er sich dann auch um einen Ausbildungsplatz beworben. Zwei Vorstellungsgespräche kamen zustande und eines wurde aufgrund von Corona kurzfristig abgesagt.

Bewerbungen und Vorstellungsgespräche

Die drei Bewerbungen, die er schrieb, waren ganz ähnlich formuliert. Er erwähnte immer, dass er eine schwere Hämophilie A hat, diese ihn aber im gewählten Beruf nicht einschränken werde. Von einem kleineren Betrieb kam sofort eine Absage. Wie sich jedoch später herausstellte, bildete die Firma dieses Jahr wegen Corona niemanden aus.

Bei den zwei großen Betrieben durchlief er das komplette Verfahren der Bewerbung. Dieses bestand aus einem Online-Test, einem Test vor Ort und einem Vorstellungsgespräch. Bei den Vorstellungsgesprächen kam jedes Mal genau die gleiche Frage zur Hämophilie A: „Wenn er sich verletzte, was wäre dann anders als bei einem nicht Hämophilen?“. Danach bekam er noch eine Einladung für einen Gesundheitscheck beim Betriebsarzt.

Gesundheitscheck beim Betriebsarzt

Die Untersuchung war für eine halbe Stunde angesetzt. Was soll auch jetzt noch passieren, dachte ich mir. Ich fuhr unseren Sohn an diesem Tag zu dem Betrieb und wartete die halbe Stunde im Auto auf ihn. Als er nach einer Stunde immer noch nicht da war, wurde ich langsam nervös. Erst recht, als er auch nach eineinhalb Stunden immer noch nicht wieder kam. Ich fragte mich, was denn so lange dauern könnte. Hat der Betriebsarzt vielleicht etwas gefunden, was für diesen Ausbildungsplatz ein Problem darstellt?

Aber dann erschien endlich mein Sohn, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Er erzählte mir, dass der Betriebsarzt zwar die Krankheit Hämophilie A ein wenig kannte, aber noch nie mit einem Hämophilen geredet hatte. Also wollte er von unserem Sohn alles ganz genau wissen: Wie, wann und wo gespritzt werden muss, wer ihn spritzt etc. Außerdem spielte er noch verschiedene Situationen mit ihm durch und wollte wissen, wie er auf diese reagieren würde. Letztendlich hatte er wohl einen sehr positiven Eindruck hinterlassen und sagte unserem Sohn, dass aus seiner Sicht einer Einstellung nichts im Wege stehen würde.

Unser Fazit: Die Hämophilie A ist kein Hindernis bei der Ausbildungsplatzsuche

Ein paar Tage später hatten wir den Ausbildungsvertrag im Briefkasten und von dem zweiten Betrieb eine Einladung zur betriebsärztlichen Untersuchung. Also gehen wir davon aus, dass er auch auf diese Ausbildungsstelle gute Chancen gehabt hätte.

Nach den oben geschilderten Erfahrungen sind wir der Meinung, dass die Hämophilie A eine untergeordnete Rolle in der Suche nach einem Ausbildungsplatz spielt. Allerdings sollte man unserer Einschätzung nach einen Beruf wählen, der dem Hämophilen nicht tagein tagaus schwere, körperliche Arbeit abverlangt.

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