In welches Krankenhaus bei Hämophilie A?

Rückblick auf eine Extremsituation

„Ich kann nicht mehr, ruf bitte einen Krankenwagen!“ Das waren die Worte, die mein Mann Meikel im Januar 2010 an einem Mittwochmorgen zu mir sagte. Mir selbst war klar, dass dies schon viel eher hätte passieren müssen, aber nein – Meikel war der Meinung, es sei ja alles nicht so schlimm.

Seit dem vorangegangenen Dienstag kam er nicht mehr aus dem Bett und die Nacht davor war auch schon eine Qual. Meikel krümmte sich und stöhnte vor lauter Schmerzen die ganze Nacht. Auf meine Frage, was denn los sei, sagte mein Mann immer nur: „Ich habe Schmerzen im Bauch.“ Genau beschreiben konnte er sie nicht. Wir vermuteten, dass es eine Magen-Darm-Verstimmung sein könnte. Aber es sollte ganz anders und schlimmer kommen.

Ernüchterung im Krankenwagen

Der Dienstag entpuppte sich als eine wahre Katastrophe voller Schmerzen. Aber Meikel wollte weder zum Arzt noch ins Krankenhaus. Mein Mann quälte sich den ganzen Tag herum und ich versuchte, irgendetwas für ihn tun zu können, damit es ihm besser geht. Magen-Darm-Tee hier und was weiß ich nicht alles. Doch all das half nichts. Als er noch nicht einmal den Weg nach unten ins Wohnzimmer wagte, weil er es laut seiner Aussage nicht schaffen würde, wurde mir noch mehr angst und bange. Denn ich machte mir ernsthafte Sorgen und im Hinblick auf die Hämophilie war mir gar nicht wohl. Ich war unsicher, da ich nicht genau wusste, was tatsächlich alles passieren kann.

Nochmal fragte ich ihn, ob es nicht doch besser sei, dass er behandelt werden würde. „Nein, es geht schon.“ war seine Antwort. Aber die Nacht von Dienstag zu Mittwoch war auch nicht besser als die von Montag zu Dienstag. Das Gezeter um Schmerzen und Unwohlsein nahm eigentlich noch mehr zu und Mittwochmorgen kam mein Mann zu mir und sagte tatsächlich: „Ruf bitte einen Krankenwagen. Ich kann nicht mehr.“ Gesagt, getan. Innerhalb weniger Minuten war dieser auch schon da.

Wir schilderten die Situation und erklärten zugleich, dass er in ein Hämophilie-Zentrum müsse. Leider interessierte das die Besatzung des Rettungswagens gar nicht. Wir hatten den Eindruck, dass sie überhaupt nichts mit dem Begriff „Hämophilie“ anfangen konnten. Mein Mann wurde in ein „normales“ Krankenhaus gebracht, lag dort knapp vier Stunden inklusive einiger Untersuchungen und wurde irgendwann, nach mehrmaliger Aufforderung seitens meines Mannes, endlich in ein Hämophilie-Zentrum in Hannover gebracht, denn zu dieser Zeit wohnten wir dort in einem kleinen Vorort.

Das Gefühl der Hilflosigkeit

Ich selbst wusste gar nicht genau, wie mir geschah und wie ich mit dieser Extremsituation umgehen sollte. Erstmal organisierte ich den Alltag komplett für mich und die Kinder neu, denn ich wusste ja nicht, was noch kommen würde. Irgendwann erfuhr ich, dass mein Mann vermehrt Faktor gespritzt bekommen würde und die Diagnose alles andere als rosig war. Ganz im Gegenteil: Sie war mehr als besorgniserregend, denn eine Darmschlinge war 14 cm lang gerissen und das Blut sammelte sich im Bauchraum. Das war auch der Auslöser der Schmerzen. Mir wird richtig schlecht, wenn ich daran denke, wie schief das hätte gehen können. Was ich aber fast noch viel schlimmer fand, war die Unwissenheit des Personals des Krankenwagens und im Krankenhaus selbst – und das, obwohl Meikel seinen Bluterausweis vorlegte.

Ich selbst als Angehörige habe mich damals in der Situation keineswegs sicher und gut gefühlt und würde es mit meinem heutigen Wissen auch nicht mehr zulassen, dass man so gelassen mit einem Hämophilie-Patienten umgeht. Ich hatte damals einfach nur Angst, dass noch schlimmeres passiert. Man selbst weiß in solch einer Situation nicht, was genau los ist, und sollte sich doch auf das Fachpersonal verlassen können. Aber wenn man merkt, dass dieses teilweise sehr unwissend ist, dann hat man noch mehr Respekt und Angst in einer solchen Extremsituation. Nach einigen Tagen kam mein Mann wieder nach Hause, aber die nächste „aufregende“ Situation ließ nicht lange auf sich warten … Aber darüber schreibe ich in einem meiner nächsten Blog-Beiträge. Mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen, und ich hoffe, dass sich in Sachen „Hämophilie“ und „Weiterbildung“ diesbezüglich in den Pflegeberufen einiges in positiver Hinsicht getan hat.

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